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Flugrad ist Redakteur im quäldich-Team.
1507 Befahrungen von 1356 verschiedenen Auffahrten an 1236 verschiedenen Pässen.

Mein erster Pass

Die Infektion hatte bei mir eine sehr lange Inkubationszeit, bis sie voll ausgebrochen ist: Wenn man das Fahrrad für ein geniales Fortbewegungsmittel hält und zwischen Zivildienst und Ausbildung 4 Monate lang die Iberische Halbinsel per Dreigangrad unsicher gemacht hat, trägt man das Virus wohl schon lange in sich. Doch ich musste mehr als ein Jahr meinen 40er-Frust vor mir her schieben, ehe es mich endgültig gepackt hat.
Und das sah so aus: am 7.8. 2001 ging es, nassforsch und unerfahren, zum "Einrollen" von Wangen nach St. Margrethen, dann per Bahn bis Airolo. Die Tremola machte richtig Spass, und weil es so scheinbar leicht war, hatte ich auf dem Gotthard nicht genug, also in Hospental links ab Richtung Furka. Das war dann so eine richtige Quälerei: heiß, die lange Gerade zwang mich zu mehreren kleinen Pausen. Heute würde ich das als Hungerast bezeichnen. Die für diesen Tagesausflug ohnehin spärlich mitgeführten Essensvorräte in Form von schwerverdaulichen Wurstbroten, wie ich es bis dato von "zivilisierten" Radtouren eben gewohnt war, wurden aufgebraucht. Sie brachten aber auch nicht den Kick. Doch oben auf dem Pass war die Schinderei vergessen, und auf der Abfahrt nach Oberwald verdrängte die Adrenalinflut jegliche Restvernunft. Ich ignorierte den Bahnhof Oberwald, orientierte mich gen Ulrichen, ignorierte auch den dortigen Bahnhof, und nahm den Nufenen unter die Räder. Schon nach den ersten Kehren merkte ich: das wird zuviel. Aber umkehren? NIEMALS. Schließlich hatte ich ja noch einige Traubenzuckervorräte. So nahm das Verhängnis seinen Lauf: nachdem ich es einigermaßen und irgendwie geschafft hatte, die lange Gerade bis zum Talschluss hinter mich zu bringen, warteten die Serpentinen am Passhang. Schon nach der 3. ging gar nichts mehr, ich wollte absteigen - und lag im Gras:. Das, was einmal eine durchaus kräftige Beinmuskulatur gewesen ist, war nur noch Luft und konnte nichts mehr halten. Es dauerte eine für mich unendliche Zeit, bis wenigstens Gehen, d.h. Schieben, wieder möglich war. Nach dem nächsten Versuch, einige Meter zu radeln, lag ich wieder im Gras. Wieder Schieben usw.. Fast eine Stunde brauchte ich für diesen Serpentinenabschnitt. Oben auf dem Pass aber sammelten sich die letzten Endorphine: Aufkleber und Schoki erstanden, Passbild geschossen und ab nach Airolo. 50 min Zeit hatte ich noch bis zur Abfahrt des letzten Zuges, mit dem ich noch bis Wangen kommen konnte, und das Virus sorgte für den nötigen Schub, so dass es sogar noch zu einem 10 min-Bier in der Bahnhofsbeiz gereicht hat.